Value Balancing Alliance – auf dem Weg zum System-Value-Ansatz

Die Value Balancing Alliance e.V. (kurz VBA, www.value-balancing.com) mit Sitz in Frankfurt a.M., ist eine NGO, die im Juni 2019 gegründet wurde. Aktuell gehören ihr unter anderem folgende internationalen Unternehmen an

  • BASF
  • Bosch
  • Deutsche Bank
  • Lafarge-Holcim
  • Mitsubishi Chemicals
  • Novartis
  • Philip Morris
  • Porsche
  • SAP
  • SK
  • Volkswagen AG

Sie wird von den Big-4-Prüfungsgesellschaften auf Pro-bono-Basis beraten. Internationale Organisationen wie die OECD, führende Universitäten wie Oxford und Harvard und weitere Interessensvertreter aus Regierungen, der Zivilgesellschaft und von Normungsorganisationen unterstützen die Arbeit.

Auszug aus FAZ Institut Webinar – „Welche Bilanzierungskriterien erfordert eine nachhaltige Wirtschaft?“ vom 23. Juni 2020, Referent Robert Prengel

Die Allianz hat zum Ziel, ein standardisiertes Modell zum Messen und Berichten des Mehrwerts zu schaffen, den ein Unternehmen für ökologische, soziale wie finanzielle Belange erbringt.

Es geht im Kern um nicht weniger als den 1970 durch den US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman mit seinem Artikel „The social responsibility of business is to increase its profits“, erschienen im New York Times Magazine vom 13.09.1970, begründeten Shareholder-Value-Ansatz in einen System-Value-Ansatz überzuleiten. Wie soll das gelingen? Durch eine ganzheitliche Rechnungslegung – einer neuen Standardisierung. Denn es mag nicht weiter verwundern; bis dato werden Unternehmen auf der Grundlage von Rechnungslegungsgrundsätzen bewertet und geführt, die vor den 1970er Jahren entwickelt und kodifiziert wurden. Damals war das unternehmerische Umfeld weniger volatil, zudem galt die auf der Basis historischer Informationen erstellte Rechnungslegung als zuverlässiger Indikator für den künftigen Erfolg. Heute hingegen nimmt das Tempo globaler Veränderungen ständig zu. Unter den jetzigen Bedingungen wird zum Beispiel erwartet, dass die Hälfte der Konzerne im S&P-500-Index über das nächste Jahrzehnt aus dem Index gestrichen wird (Quelle: Anthony, S. D.; Viguerie, S. P.; Schwartz, E. I.; Van Landeghem, J. 2018: Corporate Longevity Forecast: Creative Destruction is Accelerating, S. 3.).

Mit der Zielsetzung steht die Value Balancing Alliance nicht alleine da. Eine andere Organisation, die Accountancy Europe mit Sitz in Brüssel (www.accountancyeurope.eu) hat im Dezember 2019 das sog. Cogito Paper veröffentlicht. Im Vorschlag #4 „setting up global corporate reporting structures“ wird dies besonders deutlich. Im Anhang zu dieser Publikation befinden sich zahlreiche weitergehenden Literaturhinweise, die die übergeordnete Zielsetzung beider Organisationen stützen.

Eine neue integrierte und ganzheitliche Rechnungslegung wird zum zentralen Ort des Nachweises und zugleich der Steuerung der unternehmerischen Leistung, weil nicht nur die finanziellen, sondern auch die ökologischen und sozialen Wirkungen des unternehmerischen Handelns einen finanziellen Wert, sprich Preis, erhalten.“ so Christian Heller, Vorstandsvorsitzender des Value Balancing Alliance e.V.

Auch an dieser Stelle sei Unternehmern noch einmal der Hinweis mit auf den Weg gegeben, dass vor allem der Kapitalmarkt ein hohes Interesse an derartigen neuen Modellberechnungen hat. Sie geben Hinweise darauf, welches Risiko(potential) von einzelnen Unternehmen und ihrer Wertschöpfung ausgeht. Umwelt- und Klimarisiken gefährden heute schon Milliardenwerte in Unternehmen, zum Teil ganze Volkswirtschaften.

Ferner sollten Unternehmen aufzeigen wie sie folgenden Herausforderungen unserer Zeit gerecht werden, um eben langfristige Werte zu sichern:

  • Vertrauensdefizite: Die zunehmende wirtschaftliche Ungleichheit in vielen Ländern führt dazu, dass das öffentliche Vertrauen in Institu- tionen abnimmt, Unternehmen eingeschlossen (Quelle: Edelman Trust Barometer 2020 , Edelman Trust Barometer 2019 , Edelman Trust Barometer 2018).
  • “Big Data“: Die allgemeine Verfügbarkeit großer Datenmengen sowie die Möglichkeit zum Austausch in „Echtzeit“ via Social Media eröffnet Unternehmen und den ihnen nahestehenden Interessensgruppen neue Möglichkeiten der Meinungsbildung mit der Folge, dass Unternehmen die Kontrolle über die Unternehmensinformationen verlieren.
  • Wertschöpfung 4.0: Neue Wertschöpfungsformen und die damit verbundene Veränderung der Grundlagen von Geschäftsmodellen sowie der Zusammensetzung des Unternehmenswerts führen dazu, dass ein alleiniger Fokus auf etablierten Finanzkennzahlen nicht mehr ausreicht, um über die tatsächliche Wertentwicklung von Unternehmen zu informieren. Durch den Wandel von Unternehmen in einer zunehmend dienstleistungsorientierten Wirtschaft sind geistiges Eigentum und Innovation häufig die wichtigsten Werttreiber geworden. Materielle Vermögenswerte sind deswegen für die Berechnung des Unternehmenswerts weniger relevant als früher. Immaterielle Vermögenswerte wie Humankapital, Unternehmenskultur, Kundentreue und Vertrauen sind heute wichtiger denn je. Als Erfolgsfaktoren machen sie mittlerweile im Durchschnitt mehr als 50 % des Marktwerts eines Unternehmens aus – in einigen Branchen, wie Werbung und Technologie, sind es sogar bis zu 80 % (Quelle: Brand Finance Tracker 2019 , Brand Finance Tracker 2018 ).
  • Entkopplung: Viele Akteure entlang der Investitionskette üben mangels Informationen über die langfristige Wertentwicklung von Unternehmen weiterhin Druck aus, auf kurzfristige Finanzziele zu setzen.

Die Standardisierung für das New Normal wird den Wettbewerb neu bestimmen. Damit wäre auch Milton Friedman wohl einverstanden gewesen. Nur, Wachstum und Werte werden zukünftig anders definiert.

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