Auf dem Weg zu einem Sustainability GAAP – integriert denken und Unternehmen transparent nachhaltig führen

Horizonte unternehmerischen Denkens erweitern

Die ausschließliche Berücksichtigung dessen, was innerhalb der Grenzen eines Unternehmens (Unternehmenssphäre im engeren Sinne) geschieht, bietet eine eingeschränkte Sichtweise für Unternehmenslenker und Aktionäre. Unternehmen benötigen die Natur und beeinflussen sie gleichzeitig.

Weder die Nutzen noch die Schäden dieser Einflüsse werden jedoch adäquat im betrieblichen Rechnungswesen wie der Bilanz oder der Gewinn- und Verlustrechnung wiedergegeben. Dies könnte die langfristige Rentabilität und die Renditen der Investoren gefährden. Politik und Wirtschaft haben dies bereits seit Anfang der letzten Dekade erkannt und Anfang 2020 für eine breite Weltöffentlichkeit vernehmbar in Davos beim Weltwirtschaftsforum diskutiert. In Zeiten von erhöhtem Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewusstsein werden Umweltschädigungen sowie ein gewissenloser Umgang mit Naturkapital schnell zu einem ernstzunehmenden Reputationsrisiko.

“Unter Kapital wird […] der Bestand an Produktionsausrüstung verstanden, der zur Güter- und Dienstleistungsproduktion eingesetzt werden kann” so beispielsweise eine Begriffsdefinition nach Gabler. In diesem Sinne kann u.a. auch der gegenwärtige Bestand an Biodiversität und Ökosystemen als Naturkapital bezeichnet werden.

Das IIRC unterscheidet sechs Kapitalarten (nachfolgend auch „Kapitalien“ genannt):

  • Naturkapital (natural capital)
  • Sozial- bzw. Beziehungskapital (social and relationship capital)
  • Humankapital (human capital)
  • intellektuelles Kapital (intellectual capital)
  • Produktionskapital (manufactured capital)
  • Finanzkapital (financial capital)

und leitet nachstehenden Zusammenhang zwischen Kapitalien eingesetzt in einem Wertschöpfungsprozess und den SDGs her.

Die große Stärke der ökonomischen Bewertung (Monetarisierung) z.B. von Naturkapital ist, dass negative Umweltauswirkungen und der Wert ökosystemarer Leistungen in eine Sprache übersetzt werden, die Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik verstehen.

Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 14

Eine ökonomische Bewertung ist beispielsweise unter Anwendung folgender Methoden denkbar

Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 16
Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 16

Eine zusammenfassende Darstellung hierzu findet sich in „Integrated Reporting – Grundlagen, Implementierung und Praxisbeispiele“ von Edeltraud Günther und Alexander Bassen.

Diese Vereinheitlichung hilft auch, die externen Umweltkosten in betriebliche Entscheidungsinstrumente wie die Kosten-Nutzen-Analyse zu integrieren und so auf einer Ebene mit Finanzkapital zu betrachten. Durch die Integration in das betriebliche Rechnungswesen kann die Umweltleistung des Unternehmens kennzahlenbasiert aufbereitet, offengelegt und schließlich mit der ökologischen Performance anderer Unternehmen verglichen werden. Dies gilt auch für die ökologischen Vorzüge von Produkten und Dienstleistungen.

Quelle: https://www.wbcsd.org/contentwbc/download/576/6352 Seite 7

Vorreiter wie PUMA (Modell der Environmental P&L, 2010), Kering (Environmental P&L, 2013), Solvay (Sustainability Portfolio Management, 2013), Novo Nordisk (E P&L, 2014), Holcim (erste integrierte P&L, 2015), Nestle (Measuring Value, 2015), Novartis (FES P&L, 2016) und den WBCSD (CEV in 2011, SE P&L seit 2014) haben aufgezeigt, welche Chance sich bietet, Naturkapitalbilanzierung und die Erfassung von Externalitäten in der Steuerung von Unternehmen zu verankern. Die Verbreitung integrierten Denkens in der Unternehmenssteuerung nimmt erkennbar zu.

Quelle: https://www.oebu.ch/admin/data/files/asset/file_de/24/ks_businesscase_low.pdf?lm=1498050719

Die Integration in das betriebliche Rechnungswesen erfolgt im Idealfall nach global geltenden, einheitliche Leitlinien und einem entsprechend anwendbaren Rahmen – bisheriges GAAP ist um ein Sustainability GAAP zu erweitern, an die Erfordernisse des Zeitalters nach der COVID-19-Zäsur heranzuführen.

Durch eine so geschaffene, weitergehende Transparenz kann ein echter Wettbewerbsvorteil durch auch für Außenstehende nachvollziehbares nachhaltiges Wirtschaften entstehen. Nur mit vollständigeren und relevanteren aussagekräftigen Informationen über die Beziehungen zwischen allen Kapitalien, einschließlich Naturkapitalien (Unternehmenssphäre im weiteren Sinne) können Unternehmen Entscheidungen treffen, um Risiken und Chancen im New Normal effektiv zu managen sowie relevante Interessengruppen ganzheitlich zu informieren. Abhängigkeiten von und Auswirkungen auf die Kapitalien beeinflussen die Unternehmensleistung. Jedes Unternehmen, jede Organisation sollte sich mit den damit verbundenen Risiken und Chancen auseinandersetzen, um potenzielle Auswirkungen auf ihr Geschäftsergebnis bewältigen zu können. Frei nach Peter Drucker, dass nur gesteuert werden kann, was auch gemessen werden kann.

Die Art der Risiken und Chancen ist unterschiedlich, von denen, die direkt durch Veränderungen in der Verfügbarkeit und Qualität der Kapitalien verursacht werden, bis hin zu denen, die von verschiedenen Interessengruppen mit unterschiedlichen Perspektiven verursacht werden.

  • Investoren, auch wenn sie eine Kapitalrendite verlangen, können die (Zugangs- oder) Kosten des Kapitals aufgrund ihres Interesses an weiterreichenden Auswirkungen steuern oder auf die Erwartungen der Gesellschaft reagieren, im Interesse derer zu handeln, die weiterreichende Auswirkungen unternehmerischen Handelns erfahren;
  • der Gesellschaft im Allgemeinen, da die Wirtschaft dazu da ist, die Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen, sind sie einer wachsenden Zahl besser informierter Interessengruppen wie Kunden und Mitarbeitern ausgesetzt; und
  • politischen Entscheidungsträgern, die die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Schutz von Natur und Gesellschaft ändern und so die Unternehmensleistung beeinflussen können.

Die meisten Unternehmen verfügen über Management-Informationssysteme, um ihre Beziehung zum finanziellen und produzierten Kapital zu verfolgen. Sie verfügen über einige, wenn auch noch begrenzte Informationen über die Werte ihrer Beziehung zum Natur- und Humankapital und fast keine Informationen über ihre Beziehung zum Sozialkapital. Unternehmensinformationssysteme erfassen finanzielle Werte von gehandelten Waren und Dienstleistungen, Löhne und Gehälter der Beschäftigten und einige immaterielle Werte wie den Markenwert, da sie das Ergebnis von Finanztransaktionen sind. Es fehlen jedoch viele andere Verbindungen zu den weitergehenden Kapitalien, wie z.B. die Abhängigkeit von Ökosystemleistungen, der Bedarf an Wissen und Fähigkeiten oder das Vertrauen der Verbraucher.

Die Art und Weise, wie Unternehmen diese Informationen in ihre Systeme und Prozesse aufnehmen, ist von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich und folgt einer Entwicklung, die die folgenden Phasen umfasst:

  • Interne Entscheidungsfindung: Ein besseres Verständnis des Wertes der Auswirkungen und Abhängigkeiten vom Kapital hilft den Unternehmen, ihre interne Entscheidungsfindung zu verstehen. In dieser Phase führen die Unternehmen Kapitalbewertungen durch und beziehen Informationen in ihre eigenen internen Entscheidungsprozesse oder -instrumente ein.
  • Strategie: Umfassender informierte Entscheidungen ermöglichen es Unternehmen, ihre Strategien (neu) zu definieren, indem sie neben finanziellem und produziertem Kapital auch andere Kapitalien einbeziehen. Eine systematischere und präzisere Verfolgung durch die Verwendung verschiedener Sustainability GAAP Frameworks hilft den Unternehmen, den Fortschritt im Vergleich zu ihren Strategien zu bewerten.
  • Externe Berichterstattung: Transparente Strategien ermöglichen ein Engagement mit Interessengruppen. Dies kann unmittelbar über die Finanzberichterstattung erfolgen, um Investoren, politischen Entscheidungsträgern und anderen Interessengruppen ein besseres Bild davon zu vermitteln, wie das Kapital strategisch verwaltet wird.

Rahmen, Standards und Metriken der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Viele Institutionen bieten derzeit Rahmen, Standards und Metriken für eine Nachhaltigkeitsberichterstattung an. Einige ihrer Konzepte überschneiden sich, aber letztlich versucht jeder dieser institutionellen Standard- oder Framework Setter, spezifische Angebote für seine eigenen Interessengruppen zu eröffnen. Einige Institutionen fokussieren sich auf die Festlegung nichtfinanzieller Standards, andere auf die Schaffung eines Rahmenwerks für nichtfinanzielle Informationen und wieder andere auf Rahmenwerke für klimabezogene Offenlegungen.

Folgende Darstellung der Natural Capital Coalition gibt diesbezüglich einen strukturierten Überblick der relevanten „Player“ im Sustainability Ecosystem

Quelle: Natural Capital Coalition

Die bekannte und global meinungsbildende ISO hat beispielsweise in den der letzten Dekade folgendes ESG ISO-Framework erarbeitet, das Unternehmen und Organisationen konkrete Hilfestellungen in einer vertikal und horizontal integrierten ESG-Operationalisierung zu geben

Quelle: Connexis AG, 2018

Für die relevanten Institutionen (IIRC, GRI und SASB), die sich auf Rahmenkonzepte für eine externe Berichterstattung fokussieren, lassen sich folgende Abgrenzungen in ihrer Arbeit erkennen.

Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 29

Die Zielgruppen dieser ESG-Standards setzenden Institutionen sind ebenfalls unterschiedlich. Unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte und Zielgruppen führen zu Unterschieden in der Art und Weise, wie die Institutionen z.B. an die im ESG-Kontext so zentrale Frage nach der Wesentlichkeit herangehen. So konzentrieren sich einige Institutionen auf die Auswirkungen von Risiken auf ein Unternehmen und andere wiederum auf die Auswirkungen eines Unternehmens auf die Umwelt.

Ein Blick auf sechs relevante Interessensgruppen ….

Investoren – Große institutionelle Investoren fordern eine bessere Offenlegung von Klimarisiken und Nachhaltigkeitsindikatoren. Diese Investoren nutzen die Nachhaltigkeitsberichterstattung als Informationsbasis für ihre Anlageentscheidungen und wollen vergleichbare und überprüfbare Informationen. Die institutionellen Investoren sind eine treibende Kraft hinter den zunehmenden sowie deutlich vernehmbaren Rufen nach klaren, konsistenten und vergleichbaren Nachhaltigkeitsinformationen. Vermögensverwalter und institutionelle Investoren sehen sich gegenwärtig mit wachsenden Erwartungen ihrer Kunden, Klienten und Nutznießer konfrontiert, während sie gleichzeitig mit unzulänglichen Daten und Analysen zu investierbaren Vermögenswerten und einem erheblichen Kostendruck zu kämpfen haben. Die Anlegergemeinschaft hat bereits Schritte unternommen, um dazu beizutragen, dass die weltgrößten Unternehmen, die Treibhausgase emittieren, gegen den Klimawandel vorgehen. (exemplarisch für viele https://climateaction100.wpcomstaging.com/about-us/ oder auch die klar artikulierten Richtlinien von BlackRock)

Unternehmensseite – Immer mehr Unternehmen haben sich verpflichtet, ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung weiterzuentwickeln. Dieses Engagement wird durch die Regulierung, das Verbraucherverhalten, die Nachfrage der Investoren und die Anerkennung der Auswirkungen angetrieben, die das Management von Nachhaltigkeitsrisiken auf die langfristige Wertschöpfung haben kann. Ein breiter Konsens besteht darin, dass die derzeitige Praxis der Offenlegung von Nachhaltigkeitsberichten ineffizient und manchmal unwirksam ist, da es an allgemein akzeptierten Standards mangelt und die berichteten Informationen nicht vergleichbar sind oder keine Sicherheit bieten können. Den Unternehmen fehlt es auch an Klarheit darüber, wie sie über die Auswirkungen des Klimawandels berichten sollen. Bedenken gibt es auch hinsichtlich zunehmender regionaler und nationaler regulatorischer Anforderungen und deren Auswirkungen auf die globale Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen haben daher ihrerseits zahlreiche, oftmals sektor-bezogene Initiativen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung ins Leben gerufen. (beispielhaft https://carbonaccountingfinancials.com/about )

Zentralbanken – Zentralbanken konzentrieren sich zunehmend auf klimabedingte Risiken und Nachhaltigkeit im weiteren Sinne als wichtige Triebkräfte ihrer Arbeit für die Finanzstabilität. Aufsichtsbehörden beginnen damit, Klimaanalysen in Stresstests einzubeziehen, und regulatorische Stresstests von Banken und Versicherern umfassen zunehmend Schätzungen der Auswirkungen des Klimawandels. Dieser Bereich entwickelt sich rasch, da die Nachfrage nach einem Verständnis der Auswirkungen des Klimawandels auf Unternehmen immer größer wird. So wurde beispielsweise das Netzwerk der Zentralbanken und Aufsichtsbehörden zur Ökologisierung des Finanzsystems (NGFS) eingerichtet, um zur Stärkung der globalen Reaktion beizutragen, die zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens erforderlich ist. Ferner um die Rolle des Finanzsystems beim Risikomanagement und bei der Mobilisierung von Kapital für grüne und kohlenstoffarme Investitionen in eine ökologisch nachhaltige Entwicklung zu stärken.(https://www.ngfs.net/sites/default/files/medias/documents/ngfs_guide_scenario_analysis_final.pdf sowie https://www.ngfs.net/sites/default/files/medias/documents/ngfs-a-sustainable-and-responsible-investment-guide.pdf )

Die inhaltliche Ausgestaltung, die Methodologie und die Darstellungsform von ESG-Disclosures werden durch Regulatory Technical Standards (RTS) im Umfeld der Finanzinstitute konkretisiert, deren Entwürfe von dem Joint Committee of the European Supervisory Authorities (ESMA, EBA und EIOPA) im April 2020 zur Konsultation gestellt wurden. Mit der Finalisierung eines Großteils der RTS wird bis zum Ende 2020 gerechnet. Erste Berichte sollen planmäßig ab 2021 erfolgen.

Marktregulierungsbehörden – Die Beteiligung von Marktregulierungsbehörden an der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird von den öffentlichen politischen Positionen ihrer Regierungen beeinflusst. Folglich sind die Ansichten der Regulatoren zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in einigen Regionen wie Europa oder China, wo Wertpapier- und Bankenaufsichtsbehörden bei politischen Initiativen eine führende Rolle spielen, stärker ausgeprägt. Auch die Internationale Organisation der Sicherheitskommissionen (IOSCO) prüft derzeit, wie ihre Mitglieder in die Nachhaltigkeitsberichterstattung einbezogen werden könnten. (https://www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD652.pdf )

Quelle EPIC – epic value report

Politische Entscheidungsträger – Als Reaktion auf öffentliche politische Initiativen (bspw. in Dänemark / Frankreich / Neuseeland / Schweden / UK ) zur Bekämpfung des Klimawandels müssen Unternehmen ihre Geschäftsmodelle anpassen, um mit den Netto-Null-Kohlenstoffemissionszielen vereinbar zu sein, die sich die großen Rechtssysteme im Einklang mit den Finanzmärkten, die sich zu einer Netto-Null-Welt entwickeln, gesetzt haben. Politische Entscheidungsträger erwarten auch, dass Unternehmen in ihrer Berichterstattung möglicherweise globale öffentliche politische Initiativen in Bezug auf den Klimawandel berücksichtigen.

Quelle: https://www.parisinfraweek.com/sites/default/files/materials/ltiia_esg_handbook_-_final_version.pdf

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und andere Zertifizierungsanbieter – Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie Rating- und Indexanbieter entwickeln und bewerten die Rahmenbedingungen für die Berichterstattung. Prüfungsgesellschaften könnten eine wichtige Rolle dabei spielen, Sicherheit zu geben, wenn eine Nachhaltigkeitsberichterstattung standardisiert und die bereitgestellten Informationen eine solche Sicherheit erfordern würde.

In Zukunft sollte nach Auffassung des IDW sichergestellt werden, dass die Berichterstattung über nichtfinanzielle Aspekte als Teil des Lageberichtes anzusehen ist und nicht sowohl räumlich als auch zeitlich abweichend präsentiert werden kann. Dies entspricht auch dem Charakter der nichtfinanziellen Informationen, die (zumindest) zu einem späteren Zeitpunkt auch finanzielle Konsequenzen für ein Unternehmen haben können (z. B. durch Reaktionen von Konsumenten, Kapitalgebern etc.) und daher auch als sog. „Pre-Financials“ bezeichnet werden können. Damit verbunden wird die Notwendigkeit gesehen, einen Standard zur Messung und monetären Bewertung von ESG-Aspekten zu entwickeln. Das IDW unterstützt den von der Value Balancing Alliance verfolgten Ansatz, die nichtfinanziellen Informationen in monetäre Größen zu überführen und in einer “Gesamterfolgsrechnung” zu berücksichtigen (vgl. IDW Stellungnahme zum Zwischenbericht des Sustainable Finance-Beirats, S. 5).

Auch beim Europäischen Green Deal bekräftigte die EU-Kommission ihre Unterstützung bei der Entwicklung von standardisierten “natural capital accounting practices” innerhalb der EU und in dem internationalen Umfeld (vgl. European Commission, Communication from the Commission to the European Parliament, the European Council, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions (“The European Green Deal”), 11.12.2019, S. 17). Die EU-Kommission hat mittlerweile die EFRAG damit beauftragt, Vorbereitungsarbeiten zur Entwicklung eines EU-Standards zu tätigen (mandate for Non-Financial Reporting Directive).

Unterschiedliche Ansätze und Ziele bergen die Gefahr einer zunehmenden weltweiten Fragmentierung in sich. Das Potenzial der Fragmentierung und die wachsenden Anforderungen von Interessengruppen zeigen die Notwendigkeit eines globalen Rahmens, um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten und die Komplexität der Ansätze und Ziele zu reduzieren.

Als Reaktion darauf haben sich einige Organisationen in den letzten Monaten um eine Koordinierung bemüht, um eine gemeinsame Vision zu entwickeln, auf der ein kohärentes Unternehmensberichtssystem basieren kann. Im September bzw. Oktober 2020 werden durch diverse Publikationen diese Bemühungen einer breiteren Öffentlichkeit transparent.

Der Ruf nach einer koordinierenden Instanz – das Sustainability Standards Board (SSB)

Die Forderung nach einer besseren Offenlegung von Nachhaltigkeitsinformationen ist dringend und zunehmend „lautstark“. Viele Stakeholder räumen ein, dass Verzögerungen bei der globalen Kohärenz, am dringendsten bei der Offenlegung klimabezogener Informationen, die Gefahr einer Fragmentierung erhöhen und folglich zu Schwierigkeiten bei der Einbeziehung der Kapitalmärkte führen werden, um den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu erleichtern. Viele Jurisdiktionen haben sich zu Zieldaten verpflichtet, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, und Berichterstattungsstandards könnten bei der Unterstützung dieser Ziele eine entscheidende Rolle spielen.

In jüngster Zeit wurde mehrfach gefordert, die IFRS Foundation solle sich an der Verringerung des Komplexitätsgrades und der Erzielung einer größeren Konsistenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung beteiligen (https://www.accountancyeurope.eu/publications/follow-up-paper-interconnected-standard-setting-for-corporate-reporting/ sowie https://www.ifac.org/knowledge-gateway/contributing-global-economy/discussion/enhancing-corporate-reporting-way-forward ).

Solche Forderungen legen nahe, dass die Erfolgsbilanz der IFRS Foundation und ihre Expertise bei der Standardsetzung sowie ihre Beziehungen zu globalen Regulierungsbehörden und Regierungen in aller Welt für die Festlegung von Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung nützlich sein könnten. Im Kern ist Aufgabe der IFRS Foundation, IFRS-Standards zu entwickeln, die den Finanzmärkten auf der ganzen Welt Transparenz, Rechenschaftspflicht und Effizienz bringen. Die Arbeit dient dem öffentlichen Interesse, indem sie Vertrauen, Wachstum und langfristige finanzielle Stabilität in der globalen Wirtschaft fördert.

Die IFRS-Stiftung verfügt somit über vorhandenes Fachwissen zur Festlegung von Standards und ordnungsgemäßen Verfahren, die auf Transparenz, breite Konsultation und Rechenschaftspflicht ausgerichtet sind. Diese Expertise könnte eingesetzt werden, um die Komplexität zu reduzieren und eine größere Konsistenz in der globalen Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erreichen.

Das Ineinandergreifen der derzeit sich in der globalen Unternehmenspraxis relevanten Standards zur Offenlegung lässt sich wie folgt komprimiert darstellen

Quelle: Statement of Intent to work together

Daraus lässt sich folgendes „House of Integrated Thinking & Reporting“ ableiten

Quelle: Statement of Intent to work together

Die IFRS Foundation setzte sich mit verschiedene Optionen, wie sie aus ihrer Rolle heraus an die Nachhaltigkeitsberichterstattung herangehen könnte. Die Überlegungen zur strategischen Ausrichtung der IFRS Foundation in diesem Bereich konzentrierten sich letztlich auf „Änderung oder keine Änderung“, und es wurden die folgenden Optionen in Betracht gezogen:

(a) Beibehaltung des Status quo – Die Beibehaltung der derzeitigen Struktur der Stiftung würde es nicht ermöglichen, die Komplexität der Nachhaltigkeitsberichterstattung wesentlich zu reduzieren und die Vergleichbarkeit zu verbessern. Ein solcher Ansatz würde zwar das geringste Risiko eines Misserfolgs für die Stiftung bedeuten, aber den geringsten Nutzen für die Interessenvertreter der Stiftung und andere Parteien bringen, die an einer globalen Vergleichbarkeit und einer Verringerung der Komplexität in der globalen Nachhaltigkeitsberichterstattung interessiert sind. Ein solcher Ansatz würde den Forderungen mehrerer Interessengruppen nach einer führenden Rolle der Stiftung in der globalen Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht entsprechen.

(b) Erleichterung bestehender Initiativen – Die IFRS Stiftung könnte versuchen, bestehende Initiativen durch ihre Mitarbeiter zu erleichtern und zu harmonisieren, was zur Verringerung der Komplexität beitragen könnte. Dieser Ansatz verstärkt das Risiko, eine Fragmentierung zu verursachen und die Komplexität zu erhöhen, indem eine weitere Stimme in die Diskussion eingebracht wird, anstatt einen globalen Rahmen für die konsistente Festlegung von Standards zu schaffen.

(c) Etablierung eines Ausschuss für Nachhaltigkeitsstandards und zu einem Standardsetter zu werden, der mit bestehenden Initiativen zusammenarbeitet und auf deren Arbeit aufbaut bzw. diese integriert. Diese Option wird als die beste der diskutierten Optionen angesehen, um zur Verringerung der Komplexität und zur Erzielung von Vergleichbarkeit in der Nachhaltigkeitsberichterstattung beizutragen. Die Handlungsmöglichkeiten der IFRS Foundation könnte zu einem Ansatz führen, der auf eine Harmonisierung und Straffung der Nachhaltigkeitsberichterstattung abzielt, was den Interessengruppen der IFRS Foundation und der Nachhaltigkeitsberichterstattung zugute kommen könnte.

Um Kohärenz und Vergleichbarkeit zu erreichen, besteht daher der von der IFRS Foundation unterstützte Ansatz darin, ein neues Sustainability Standards Board (SSB) unter der Führungsstruktur der IFRS Foundation zu schaffen.

Quelle: https://www.ifac.org/news-events/2020-09/ifac-calls-creation-international-sustainability-standards-board-alongside-international-accounting

Mit der vorgeschlagenen Einrichtung des SSB innerhalb der institutionellen und Leitungsstruktur der IFRS Foundation könnten die Ziele der Entwicklung eines Rahmens für die Nachhaltigkeitsberichterstattung erreicht werden, der mit der Finanzberichterstattung und dem bisherigen Auftrag des IASB, Investoren und anderen primären Nutzern von Abschlüssen zu dienen, im Einklang steht.

Das Ziel des SSB wäre die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines globalen Satzes von Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sich zunächst auf klimabezogene Risiken konzentrieren. Eine solche Standardsetzung würde auf bestehende Nachhaltigkeitsrahmen und -standards zurückgreifen

Der SSB würde Seite an Seite mit dem IASB arbeiten, und die beiden Gremien würden von der zunehmenden Verflechtung zwischen Finanzberichterstattung und Nachhaltigkeitsberichterstattung profitieren. Ferner bietet die Nutzung der Wissensbasis des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer eine entscheidende Komponente bei der Entwicklung qualitativ hochwertiger und konsistenter Mess- und Offenlegungsanforderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Die IFRS Foundation hat sich vorläufig dafür entschieden, die SSB-Option (lit c) weiterzuentwickeln, unter der Bedingung, dass sie die folgenden Erfolgsvoraussetzungen erfüllt. Ihre Treuhänder erachten diese Voraussetzungen als wesentlich für den Erfolg:

  • Erreichen eines ausreichenden Maßes an globaler Unterstützung durch Behörden, globale Regulierungsbehörden und Marktakteure, einschließlich Investoren und Vorbereitern, in Schlüsselmärkten;
  • Zusammenarbeit mit regionalen Initiativen, um globale Konsistenz zu erreichen und die Komplexität der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu reduzieren;
  • Gewährleistung der Angemessenheit der Führungsstruktur;
  • Erlangung angemessener ESG bezogener Fachkenntnisse und Expertise für die Treuhänder, SSB-Mitglieder und Mitarbeiter;
  • Erreichen der Höhe der erforderlichen separaten Finanzierung sowie Fähigkeit zukünftig, finanzielle Unterstützung zu erhalten;
  • Entwicklung einer Struktur und Kultur, die sich um den Aufbau wirksamer Synergien mit der Finanzberichterstattung bemüht; und
  • Sicherstellung, dass der gegenwärtige Auftrag und die Ressourcen der IFRS Foundation nicht gefährdet werden.

„IFRS X – Sustainability GAAP Disclosures“

Das IASB hat mit der Rechnungslegungsvorschrift des „IFRS 7 – Financial Instruments Disclosures“ bereits einen Mechanismus innerhalb der International Financial Reporting Standards etabliert, der einzig und allein darauf abzielt die notwendigen Berichtsangaben mit Blick auf ihre Darstellung innerhalb der Berichterstattung für ein abgrenzbares Accounting Themenfeld, hier „Financial Instruments“, zu strukturieren und deren Vollständigkeit im Kontext anderer IFRS Regelungen sicherzustellen.

Eine Übersicht der inhaltlichen Verbindung zwischen bestehenden IFRS-Regelungen und einer Bilanzierung von Nachhaltigkeitsaspekten findet sich unter “IFRS Standards related to climate“.

In der Berichtspraxis haben sich entsprechende Rahmenwerk zu „Sustainability GAAP Disclosures“ in den letzten, gut fünf Jahren als „Disclosure-Benchmark“ herauskristallisiert. Um eine erhöhte Transparenz in der Kommunikation und in den Beziehungen mit ihren Interessens-/ Anspruchsgruppen zu gewährleisten, berichten die Vorreiter der Sustainability GAAP Berichterstattung periodisch über ihre SDG/ESG-bezogenen Aktivitäten. Dies erfolgt dann regelmäßig in Übereinstimmung mit den internationalen Standards der GRI (Global Reporting Initiative) und einhergehend mit der öffentlichen Selbstverpflichtung, die Empfehlungen der „Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD)“ des Financial Stability Board zu übernehmen, die im Juni 2017 spezifische Empfehlungen für die freiwillige Berichterstattung über die finanziellen Auswirkungen von Klimarisiken veröffentlicht hat. Ferner werden auch die von der Europäischen Kommission im Juni 2019 veröffentlichten „Richtlinien für die Berichterstattung über klimabezogene Informationen“ integriert, wobei in der Regel die Ergebnisse der Arbeit der Task Force für klimabezogene Berichterstattung des Europäischen Laborprojekts (PTF CRR) Berücksichtigung finden, die die vorhandenen guten Praxis-Benchmarks strukturiert auswertet und daraus entsprechende Erkenntnisse sammelt („How to improve climate-related reporting“).

Die Überleitung dieser etablierten Praxis der Sustainability-Berichterstattung ließe sich nach einer entsprechenden inhaltlichen Konsolidierung in Analogie zu IFRS 7 in einen “IFRS X – ESG Disclosures“ methodisch in die bestehende Denk- und Funktionsweise International Financial Reporting Standards umsetzen.

Peter Drucker aktueller denn je

Unternehmen sind sich zunehmend der Notwendigkeit bewusst, ihre ́Interaktion ́ mit Natur, Mensch und Gesellschaft zu erfassen, zu analysieren und zusammenzufassen. Diese Interaktionen umfassen, wie in der traditionellen Wirtschaft, die Auswirkungen und Abhängigkeiten von Natur-, Human- und Sozialkapital. Doch im Gegensatz zu Finanztransaktionen fehlt ihnen im Allgemeinen ein Marktpreis. Folglich können sie für Entscheidungsträger und Investoren in der Wirtschaft leicht „unsichtbar“ werden, da sie von herkömmlichen Buchhaltungssystemen nicht erfasst werden (Siehe Ausführungen oben).

Es gibt immer mehr Belege für den Einfluss von Natur, Menschen und Gesellschaften auf die Unternehmensleistung. Doch nur durch die Messung und Erfassung dieser anderen Kapitaltransaktionen können Unternehmen und Investoren effektiv Entscheidungen treffen, um ihre natürlichen, menschlichen und sozialen Risiken – und Chancen – richtig zu managen.

Natural Capital Accounting – Die Naturkapitalbilanzierung ist die Zusammenstellung konsistenter und vergleichbarer produzierter Daten über Naturkapital und den Fluss der erzeugten Dienstleistungen, wobei ein buchhalterischer Ansatz verwendet wird, um den Beitrag der Umwelt zur Wirtschaft oder zum Unternehmen und die Auswirkungen der Wirtschaft oder des Unternehmens auf die Umwelt aufzuzeigen.

Natural Capital AssessmentNaturkapitalbewertungen verwenden Naturkapitalinformationen, um eine bestimmte Frage zu beantworten oder eine Entscheidung zu treffen. Das Ziel einer Bewertung besteht nicht darin, eine Reihe von Indikatoren zu sammeln oder notwendigerweise Salden für eine Kontierung zu ermitteln. Bewertungen dienen oft eher der internen Entscheidungsfindung als der Offenlegung im Wege der Berichterstattung.

Bis vor kurzem fand die Entwicklung einer Naturkapitalbilanzierung als ein paralleler Ansatz zur Buchhaltung des produzierten/finanziellen Kapitals statt. Infolgedessen werden bis dato die Konten verschiedener Kapitalien nicht integriert und bleiben als zwei voneinander getrennte “Informations-Pakete„ bestehen. Nur einige Auswirkungen und Abhängigkeiten des Naturkapitals, wie z.B. diejenigen, die sich auf vermarktete Produkte und Betriebskosten beziehen, werden im Rahmen der aktuellen Finanzbuchhaltungsstandards erfasst und somit mittelbar abgebildet. Die mangelnde Integration lässt sich erklären durch:

  • Konzentration auf finanzielle Erträge: Sofern es keine Auswirkungen auf die finanzielle Leistung eines Unternehmens gibt und innerhalb der Grenzen des Unternehmens liegt, werden in der Rechnungslegung der Wert der Auswirkungen auf die Gesellschaft (so genannte Externalitäten) und der Wert der nicht vermarkteten Abhängigkeiten des Unternehmens von der Natur sowie die umfassenderen Risiken und Chancen, die sich daraus ergeben (regulatorische, rufbezogene, finanzielle usw.), nicht erfasst.
  • Schwerpunkt liegt auf der Kurzfristigkeit: Kurzfristig besteht die Gefahr, dass viele der längerfristigen Risiken und Chancen, die mit der Natur zusammenhängen, wie z.B. der Klimawandel, aus den Augen verloren werden.
  • „Vorsichtsprinzip“: Obwohl die strengen Kriterien in den Finanzbuchhaltungsstandards notwendig sind, um eine Unter-/Übertreibung zu verhindern, bedeutet dies, dass Elemente der Bewertung von Naturkapital ohne Marktwert nur zu Anschaffungskosten erfasst werden können.

Die mangelnde Integration hat dazu geführt, dass sich die Finanzbuchhaltung auf ein unvollständiges Bild der Unternehmensleistung (insbesondere der finanziellen Erträge) konzentriert, das nur die finanziellen Risiken und Chancen berücksichtigt, die ein Unternehmen kennt und leicht quantifizieren kann. Sie lässt naturkapitalbezogene finanzielle Erträge von Umweltdienstleistungen (z.B. sauberes Wasser und fruchtbaren Boden) außer Acht und stellt die vielen Risiken und Chancen, die mit den Auswirkungen und Abhängigkeiten von Naturkapital verbunden sind, unzureichend dar.

Entscheidungen können nicht auf der Grundlage von Überlegungen zu nur einem (finanzielles, natürliches oder anderes) der sechs Kapitalien getroffen werden. Integrierte Systeme werden zukünftig dazu beitragen, Konten einer intergrierten Bilanzierung zu erstellen, die Unternehmen auch nutzen können, um ihre externen Stakeholder über ihre integrierten Kapitalstrategien zu informieren.

Ein Blick auf die Gewinn- und Verlustrechnung …

Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 23

Ein Blick auf die Bilanz …

Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 24

Ein Blick auf bestehende Ansatzpunkte in IAS/IFRS …

Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 25
Quelle: http://www.naturalcapitalmarkets.org/uploads/media/GNF_-_Wie_Unternehmen_ihr_Naturkapital_bewerten.pdf Seite 26

Aktuelle Bilanzierungsmodelle – Sustainability GAAP in der Praxis

Diesen Gedanken folgend werden derzeit unterschiedliche Methoden diskutiert, die neue Möglichkeiten bieten, über verschiedene Aspekte der aktuellen Praxis der Finanz- und Naturkapitalbilanzierung zu informieren und diese entsprechend stringent zu erweitern.

“Methode 1“ Integrating Natural Capital Accounting Practices into Financial Accounting of Intangible Assets

Koshy, A., Raynaud, J., Ozdemiroglu, E. and Provins, A. (2019) ‘Natural Capital Statements: a case study on SCA, a Swedish paper and pulp company’, Journal of Environmental Economics and Policy, 8 (4), pp. 394-412 und Dickie, I. and Neupauer, S. (2019) ‘Natural capital accounts: nations and organizations’, Journal of Environmental Economics and Policy, 8 (4), pp. 379-393.

Mit dieser Methode können Unternehmen die Sichtbarkeit von Ausgaben für Naturkapital innerhalb der Finanzbilanz erhöhen, indem sie bestehende internationale Finanzbuchhaltungsstandards (siehe oben), und hier insbesondere „IAS 38 – immaterielle Vermögenswerte“ nutzen. Dies führt zu im Kern zu einem neuen Posten „sui generis“ in der Finanzbilanz. Die Maßnahmen zur Verallgemeinerung der praktischen Anwendung dieser Methode konzentrieren sich hauptsächlich auf die Zusammenarbeit mit den oben genannten, relevanten Institutionen, einschließlich des International Accounting Standards Board, um: (i) bestehende Standards zu überarbeiten oder weitergehende Anleitungen zur Anwendung des Standards zu geben; und (ii) eine korrekte Anwendung zu gewährleisten (was auch nationale Standardsetzer und Regulierungsbehörden einbeziehen wird). Um den Anwendungsbereich dieser Methode zu erweitern, müssen die Lücken in den gegenwärtigen Rechnungslegungsstandards umfassender bewertet werden, um festzustellen, wo eine Harmonisierung vorgeschlagen werden könnte oder eine zusätzliche Offenlegung angebracht wäre.

„Methode 2“ Value Added Statement for Nature

Quattrone, P., Monfardini, P., and Ruggiero, P. (2019) ‘Inquiries into the Mystery of Value’,Accounting for Common good at the Istituto per la Ricostruzione Industriale (IRI). Paper presented at the 2019 EGOS Conference, Edinburgh

Diese Methode erweitert die Darstellungsweise in der Gewinn- und Verlustrechnung, um sich spezifischer auf eine neue “Rückstellung für Natur“ (ebenfalls Finanzposten sui generis) als explizite Form von Fremdkapital hervorheben zu können. Dadurch wird das Naturkapital in der Gewinn- und Verlustrechnung explizit sichtbar gemacht, während gleichzeitig die derzeitigen Rechnungslegungsstandards weitgehend beibehalten werden. Dieser Ansatz ist im Kontext der Abbildung der im „other comprehensive income (OCI)“ erfassten Aufwendungen und Erträge beispielsweise für Pensionsrückstellungen bereits aus der IFRS Bilanzierung bekannt („single statement“ / „two separate statements“). Hier kam es zum Beispiel im Kontext der Bilanzierung der versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste aus der Bilanzierung von Pensionsrückstellung zu einem vergleichbaren Bilanzierungsansatz. Die Methode erfordert daher relativ geringe Änderungen am etablierten Berichtsformat (durch die Einführung eines Postens „Rückstellung für Natur“ in der Bilanz und eines entsprechenden Ausweispostens in der Gewinn- und Verlsutrechnunh). Obwohl kleine Änderungen im Format und in der Datenerhebung erforderlich sind, bedarf es einer breiten Anwendung dieser Methode Maßnahmen in Bezug auf (i) die weitere Erprobung der Methode durch Unternehmen, um ihre Praxistauglichkeit zu beweisen; und (ii) eines intensiven Austauschs mit den für die Festlegung von Rechnungslegungsstandards zuständigen Gremien, um Änderungen der Rechnungslegungsregeln zu erörtern, sowie mit den nationalen Regulierungsbehörden, um Gesetzesänderungen zur Förderung dieser Änderungen einzuführen.

„Methode 3“ Comprehensive Accounting in Respect of Ecology (CARE)-Modell

Feger C., Mermet, L., Vira, B., Addison, P.F.E.,Barker, R., Birkin, F., Burns, J., Cooper, S., Couvet, D., Cuckston, T., Daily, G.C., Dey, C., Gallagher, L., Hails, R., Jollands, S., Mace, G., Mckenzie, E., Milne, M., Quattrone, P., Rambaud, A., Russell, S., Santamaria, M. and Sutherland, W.J (2018). Four priorities for new links between conservation science and accounting research. Conservation Biology 33 (4): 972-975 und Feger, C. and Mermet, L. (2018) Negotiating new commitments for the ecological transitions: An introduction to an Accounting for the management of ecosystems model. Interdisciplinary Perspectives on Accounting Conference. Edinburgh und Feger C. and Mermet L. (2017). A blueprint towards accounting for the management of ecosystems.Accounting, Auditing & Accountability Journal 30 (7): 1511-1536.

Diese Methode geht einen Schritt weiter in Richtung einer integrierten Berichterstattung und schlägt eine separate Berichterstattung vor, die natürliches, soziales und produziertes/finanzielles Kapital in eine integrierte Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung umfast. Diese Methode, die absichtlich außerhalb des Geltungsbereichs bestehender Standards liegt, bietet Einblicke, indem diese integrierten „statistischen Konten„ als separater Ausweis gezeigt werden. Sie stellt eine Erweiterung der zweiten Methode dar. Diese Methode ist mit den bestehenden Rechnungslegungsstandards kompatibel, schlägt jedoch die Einbeziehung neuer Arten von Verbindlichkeiten und Vermögenswerten vor. Diese Änderungen erfordern eine tiefgreifende Überarbeitung der bestehenden Bilanzierungsrahmen. Es gilt zu vermuten, dass diese Methode größere Anstrengungen erfordern wird, um eine Einigung zwischen den für die Festlegung von Bilanzierungsstandards (GAAP) zuständigen Stellen zu erzielen. Die Methode wird erhebliche Arbeit an der Standardisierung der Buchhaltung erfordern, um zu einem operationalisierbaren Modell zu werden.

“Methode 4“ Integrating Natural Capital into Financial Accounting

Feger C., Mermet, L., Vira, B., Addison, P.F.E.,Barker, R., Birkin, F., Burns, J., Cooper, S., Couvet, D., Cuckston, T., Daily, G.C., Dey, C., Gallagher, L., Hails, R., Jollands, S., Mace, G., Mckenzie, E., Milne, M., Quattrone, P., Rambaud, A., Russell, S., Santamaria, M. and Sutherland, W.J (2018). Four priorities for new links between conservation science and accounting research. Conservation Biology 33 (4): 972-975 und Koshy, A., Raynaud, J., Ozdemiroglu, E. and Provins, A. (2019) ‘Natural Capital Statements: a case study on SCA, a Swedish paper and pulp company’,Journal of Environmental Economics and Policy, 8 (4), pp. 394-412.

Die spekulativste der vier Methoden spiegelt ein Szenario wieder, in dem die Bilanzierungspraktiken für Finanz- und Naturkapital vollumfänglich integriert werden. Die Methode führt zu einer umfassend neuen integrierten Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, die auf ihren finanziellen Gegenstücken aufbauen. Eine weitverbreitete Einführung dieser Methode würde (zumindest) von Änderungen der Rechnungslegungsstandards und des Gesellschaftsrechts abhängen, um zu verlangen, dass die derzeitige Finanzbuchhaltung auch Angaben zu nicht-finanziellen Werten enthält. Dies erfordert (i) einen vielschichtigen Aktionsplan, an dem gegenwärtig gearbeitet wird; (ii) einer Stärkung der Standardisierung der monetären Bewertung von Auswirkungen und Abhängigkeiten von Kapitalien; (iii) eine Überprüfung der Berichterstattungsanforderungen durch die Gremien für Rechnungslegungsstandards und (iv) eine Stärkung der Annahme neuer Berichterstattungsanforderungen durch politische Entscheidungsträger.

Würdigung der vier Methoden

Alle vier Methoden zielen darauf ab, die Sichtbarkeit aller sechs Kapitalien in der Finanzbuchhaltung zu erhöhen, und jede Methode fördert die Integration des Naturkapitals in die gegenwärtigen Buchhaltungs- und Berichterstattungsmethoden. Die Integration erfolgt jedoch auf unterschiedliche Weise

Quelle: Improving nature‘s visibility in financial accountig Publikation der Natural Capital Coalition aus April 2020

Die Methoden 1 und 2 wurden im Rahmen der bestehenden Bilanzierungspraxis entwickelt und erfordern hauptsächlich Maßnahmen, die sich auf die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Interessengruppen und auf weitere Pilotprojekte/Anwendungen konzentrieren, um ihre Praxistauglichkeit zu beweisen. Die Methoden 3 und 4 erfordern umfassendere Änderungen der Rechnungslegungsstandards und -regeln, so dass es möglicherweise mehr Zeit und Mühe erfordert, bis sie ausgereift sind.

Except otherwise noted, the reuse of this document is authorised under a Creative Commons Attribution 4.0 International (CC-BY 4.0) licence (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). CC BY-NC-SA: This license allows reusers to distribute, remix, adapt, and build upon the material in any medium or format for noncommercial purposes only, and only so long as attribution is given to the creator. If you remix, adapt, or build upon the material, you must license the modified material under identical terms.